Der Jakobsweg führt durch Ostönnen
Seit dem Jahr 2010 führt der Jakobsweg offiziell wieder durch Ostönnen. Die Evangelische St. Andreas-Kirche ist eine Station des traditionellen Pilgerwegs.
Nach der Strecke von Osnabrück nach Wuppertal wurde der alte Hellweg von Höxter über Paderborn, Soest-Ostönnen und Dortmund nach Bochum zunächst wissenschaftlich erforscht und dann als rund 200 Kilometer langer Pilgerweg ausgeschildert. Im Jahr 2010 wurde der Hellweg der zweite durchgehende Weg der Jakobspilger nach historischem Vorbild in Westfalen. Er ist ein Teil der über 1.000 Jahre alten Tradition der Pilgerreise nach Santiago de Compostela (Spanien). Der neue Wanderweg ist das Ergebnis der Forschungen der Altertumskommission für Westfalen, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) mit rund 300.000 Euro finanzierte. Die Trasse von Höxter nach Bochum (vom Startpunkt Kloster Corvey über Höxter, Brakel, Bad Driburg, Paderborn, Salzkotten, Geseke, Erwitte, Soest, Ostönnen, Werl, Unna, Dortmund) wurde mit der charakteristischen Jakobsmuschel (europaweit gelb auf blauem Grund) ausgeschildert.
Der Pilgerweg ist weitgehend an historisch belegte Wegführungen angelehnt. LWL-Projektleiterin Ulrike Spichal: "Wir haben Reste von Hohlwegen gefunden, die sich durch die schweren Fuhrwerke ins Gelände eingegraben hatten und können uns auf einzelne Ausgrabungsergebnisse der Hellwegtrasse stützen, so zum Beispiel im Bereich Paderborn-Balhorn und Dortmund". Auch die Wachtürme an den Landwehrdurchlässen zum Beispiel in Paderborn und Erwitte (Lohner Warte) sind Zeugnisse der alten Wegetrasse.
Dass auch tatsächlich Pilger den Hellweg benutzten zeigen zahlreiche Verlustfunde von Pilgerzeichen, nicht nur Jakobsmuscheln, sondern auch Zeichen anderer Wallfahrtsorte, die zum Teil auf dem Weg nach Santiago lagen. In der Probsteikirche zu Werl fanden sich gleich drei Pilgergräber, die durch die Jakobsmuschel erkennbar waren. Auch Hinweise auf Unterkünfte für mittelalterliche Pilger fanden sich in einigen Hellwegstädten: In dem noch heute bestehenden Pilgrim-Haus in Soest zum Beispiel, das direkt am Jakobitor mit gleichnamiger Kapelle lag, fanden Pilger bereits seit 1309 Unterkunft. Auch in Dortmund, dem Kreuzungspunkt des Hellweges mit der Nord-Süd-Strecke, befand sich seit dem 14. Jahrhundert ein Gasthaus, das sich der Unterbringung armer Pilger angenommen hat.
Überregional bedeutende Kultstätten konnten die Wegewahl mittelalterlicher Pilger durchaus beeinflussen. So werden zum Beispiel die Reliquien des heiligen Vitus in Corvey sowie die des heiligen Liborius in Paderborn durchaus auch Jakobspilger angezogen haben. Die Ankunft in Santiago und die Rückkehr nach Hause waren bei den damaligen Verhältnissen durchaus nicht gewährleistet, so dass es wichtig war, auf dem Weg immer wieder für einen guten Verlauf des weiteren Weges zu beten. Das Projekt des Landschaftsverbandes hat die mittelalterlichen Wege und die Spuren der Jakobspilger in Westfalen möglichst genau rekonstruiert. Es gab für die Pilger in Westfalen und anderswo keine eigenen Wege. Im Gegenteil: Sie suchten aus Angst vor Überfällen stark frequentierte, bekannte Trassen.
Die Pilgerfahrt zum Grab des Apostels Jakobus des Älteren im über 2.000 Kilometer entfernten nordspanischen Santiago de Compostela hat eine Tradition, die bis ins Mittelalter zurückgeht. Man versprach sich die Heilung von Körper und Seele als Lohn für den Besuch der Kultstätte. Seit dem 10. Jahrhundert kamen aus ganz Europa Pilger, Männer und Frauen aus allen Schichten, nach Spanien, zu Fuß oder zu Pferd. Als Beleg und Erkennungszeichen diente die Jakobsmuschel, die jeder Pilger in Santiago erstehen konnte und deutlich sichtbar an der Kleidung oder Umhängetasche trug.
Über Jakobspilger, die aus Westfalen stammen, sei insgesamt nur wenig bekannt, so die Forscherin Ulrike Spichal. Bekanntester westfälischer Pilger ist Bischof Anno aus Minden, der sich in den Jahren 1174 und 1175 auf den Weg nach Santiago de Compostela machte, das damals als Pilgerort gleichrangig neben Rom und Jerusalem stand. Durch eine Pilgerreise konnten Verbrecher auch ihrer Strafe entgehen, wenn ein Gericht sie dazu verurteilte. "Bettler, Räuber und Steuerhinterzieher im Pilgergewand haben zusammen mit den Strafpilgern die Pilgerfahrt im Laufe der Zeit in Verruf gebracht. Jakobsbrüder wurden vielerorts mit Gesindel gleichgestellt. In Herford, einer wichtigen Sammelstation für Pilger in Westfalen, soll die Jakobikirche 1530 wegen der Jakobspilger, die den Status für ihre Zwecke ausgenutzt haben, geschlossen worden sein", erläutert Spichal. Für mittellose Menschen war jedoch eine Pilgerreise oft die einzige Möglichkeit, die Heimat zu verlassen. Wohlhabende konnten das Pilgern auch delegieren und einen Berufspilger mieten. (Quelle: LWL-Pressestelle)
Die Stele mit der symbolisierten Jakobsmuschel, dem Erkennungszeichen der Jakobspilger, steht neben dem Eingang zur Evangelischen St. Andreas-Kirche. Foto: G. Günther
Das offizielle Symbol zur Kennzeichnung der Jakobswege. Foto: LWL
Die Wege der Jakobspilger in Westfalen. Foto: LWL