Der Klingelbeutel - warum wird in unserer Kirche eigentlich zweimal gesammelt?

In den Gottesdiensten, die wir unter den Bedingungen von Corona gefeiert haben, hatten wir auf den Klingelbeutel und die Lesungen durch die Lektoren verzichtet. Wir hatten im Presbyterium überlegt, dass wir die Bewegungen und Begegnungen im geschlossenen Raum der Kirche auf ein Mindestmaß reduzieren wollten.Mittlerweile feiern wir unsere Gottesdienste wieder ohne Einschränkungen und möchten auch wieder den Klingelbeutel beim Lied nach der Predigt einsammeln.

Was aber ist der Klingelbeutel eigentlich und was geschieht mit dem Geld, das dort eingesammelt wird? Im Neuen Testament wird berichtet, dass der Apostel Paulus in den jungen Gemeinden Kleinasiens und Makedoniens Geld für die Christen in Jerusalem gesammelt hatte. Die Christen aus Griechenland haben in einem Akt konkreter Solidarität größere Geldbeträge gespendet für ihnen völlig unbekannte Christen jüdischer Herkunft im fernen Jerusalem.

In seinem Kollektenbrief begründet Paulus dieses Kollektenvorhaben. Im 2. Korintherbrief, dem sogenannten "Kollektenbrief", stellt er einen Zusammenhang her zwischen dem Glauben an Christus und der tatkräftigen Hilfe für Notleidende. Zweierlei ist Paulus dabei wichtig: Zum einen ist das Abgeben vom eigenen Überfluss eine Tat der Nachfolge, denn auch Christus, "obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen, damit ihr durch seine Armut reich würdet" (2. Kor. 8,9b). So wie Christus sollen sich auch die Christen verhalten. Zum anderen gebietet es die geschwisterliche Liebe unter den Christen, "dass es zu einem Ausgleich komme. Jetzt helfe euer Überfluss ihrem Mangel ab, damit danach auch ihr Überfluss eurem Mangel abhelfe und so ein Ausgleich geschehe“ (2. Kor. 8,13b.14).

Das eigentliche Ziel der Kollekte ist jedoch, dass Gebende wie Nehmende vereinigt werden im Dank an Gott und sie ihn preisen für seine überfließende Güte. „Denn der Dienst dieser Sammlung hilft nicht allein dem Mangel der Heiligen ab, sondern wirkt auch überschwänglich darin, dass viele Gott danken“ (2. Kor. 9,12). So hat die Kollekte in den christlichen Gemeinden ihren festen Ort im Gottesdienst gefunden und bis heute behalten. Sie ist ein Bestandteil der Liturgie und stellt ein Bindeglied dar zwischen dem Gottesdienst in der Kirche und dem Alltag in der Welt.

Heute gibt es die Kollekte im Gottesdienst in zweifacher Gestalt:
1. Eine Kollekte wird als sogenannter "Klingelbeutel" während des Gottesdienstes eingesammelt. Sie ist für „diakonische Aufgaben der Gemeinde“ bestimmt.
2. Eine weitere Kollekte erfolgt am Ausgang. Hier bestimmt die Landeskirche diese Kollekte für einen verbindlichen Zweck, der besondere Projekte in Westfalen fördert oder wie bei "Brot für die Welt" weltweit versucht, Menschen in Not zu helfen.

Traditionellerweise wird mit dem Klingelbeutel also für die Diakonie der eigenen Gemeinde gesammelt. Diese Gelder dienen vorrangig zur Unterstützung Bedürftiger im Bereich der Kirchengemeinde Ostönnen durch Geld- oder Sachspenden. Dazu gehören - auch für Arbeitslose oder Sozialhilfeempfänger - die Übernahme von Teilnehmerbeiträgen für Kinder-, Jugend- und Konfirmandenfreizeiten bei bedürftigen Familien, finanzielle Hilfe bei Wohnungsnot und die Unterstützung von obdachlosen Menschen.

Auch wenn im Klingelbeutel nur kleine Beträge zusammenkommen, ist diese Gabe doch ein Zeichen der Solidarität mit Menschen, die unsere Hilfe brauchen. Darum werden auch künftig die Presbyter in unseren Gottesdiensten wieder mit den langen Stäben durch die Reihen gehen und "klingeln".    Pfarrer Volker Kluft

Bild von Frauke Feind (Pixabay)

Meistens ist es nur Kleingeld, das im Klingelbeutel landet. Doch wenn die Münzen klingeln, hilft jeder auch noch so kleine Betrag.